Freitag, 5. Mai 2006
Musik: Alexander Nikolajewitsch Skrjabin (1872-1915)
Skrjabins früh verstorbene Mutter war eine talentierte Pianistin; der Vater Diplomat. Der Junge wuchs bei seiner Tante auf, die seine musikalische Begabung förderte.



1888: Aufnahme am Moskauer Konservatorium (Unterricht u.a. bei Sergej Tanejew und W. Safonow), wo er auch eine Goldmedaille als Pianist gewann (neben Rachmaninov).

1892: Erfolgreicher Abschluß des Studiums.

Bald folgten Auftritte als Pianist und Aufführungen eigener Kompositionen. Wesentliche Impulse vermittelte ihm M. Beljajew, der für ihn internationale Tourneen organisierte und seine Werke betreute.

Es schloß sich eine Europatournee mit der Vorstellung eigener Werke an.
Mit 29 Jahren wurde Skrjabin Professor am Moskauer Konservatorium.

Nach fünf Jahren gab er die Professur wieder auf und lebte nun für längere Zeit im Westen, zunächst in der Schweiz, dann in Belgien.

1906/07 unternahm eine ausgedehnte Gastspielreise, die ihn auch in die USA führte.

1908 zog er nach Brüssel.

Einen eigentümlichen Stil entfalteten seine Kompositionen mit der 3. Sonate. Auffällig war die unkonventionelle Form und Durchgestaltung der Harmonien. Der Titel der Sonate, er bezog sich offenbar auf den Komponisten selbst, war „Seelenzustände“.
1910 zog er nach Moskau zurück. Dort wandte er sich mit großer Begeisterung Vorstudien zu einem kultischen „Mysterium", einem gigantischen „Gesamtkunstwerk" zu.
Skrjabin wurde von Nietzsche bzw. dessen Idee des Dionysischen beeinflußt (ebenso von der Lebensphilosophie, Bergson u.a.). Zudem beschäftigte er sich intensiv mit theosophisch-spekulativen Konzeptionen. Leidenschaftlich hing er der Idee an, sämtliche Künste bzw. Sinne (Wort, Ton, Farbe, Duft, Berührungen Tanz, bewegte Architektur) gleichsam multimedial in einer mystischen Synthesis miteinander zu vereinigen.



www.medienkunstnetz.de/kuenstler/alexander-skrjabin

Im Kontext dieser Idee entwickelte er den sogenannten „mystischen Akkord“ (= C Fis B e a d g). Damit verabschiedete sich sein Schaffen von den Grundlagen der konventionellen Tonarten.

Sein berühmtes „Prometheus“ (Le Poème du feu von 1908/10) war für ein „Farbenklavier“ konzipiert. D.h. daß einzelnen Tönen bestimmte Farben korrespondierten, die auf eine Leinwand projiziert wurden.

Die Urteile über Skrjabins Werk waren und sind nach wie vor gespalten. Schostakowitsch nannte Skrjabin krankhaft-dekadent, zügellos und unfähig; andere sehen in ihm einen bedeutenden Vorbereiter der Moderne.
1915 starb Skrjabin an einer Blutvergiftung.

Skrjabin hinterließ ein recht umfangreiches Werk (Kammermusik, Klavierkonzerte, vokalinstrumentale Werke u.a.)


Lit.:
Friedrich Gorenstein, Skrjabin. Poem der Ekstase, Berlin 1994
Kienscherf, Barbara, Das Auge hört mit. Die Idee der Farblichtmusik und ihre Problematik, beispielhaft dargestellt an Werken von Alexander Skrjabin und Arnold Schönberg, Frankfurt a.M. 1996
Schibli, Sigfried, Alexander Skrjabin und seine Musik. Grenzüberschreitungen eines prometheischen Geistes, München 1983
Marina Lobanova, Mystiker, Magier, Theosoph, Theurg: Alexander Skrjabin und seine Zeit, 2004

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Dienstag, 2. Mai 2006
Musik. Bulat Okudschawa (1924-1997)
Bulat Okudschawa.



Nach Kriegsdienst und Arbeit als Lehrer und Journalist war Okudschawa in den sechziger Jahren der bekannteste sowjetische Liedermacher. Seine Gitarrenlyrik wurde seit den 60er Jahren durch den Magnitisdat außerordentlich wirksam.
Mithilfe der Tonbänder verbreitete sich die Lyrik mit einer gewaltigen Geschwindigkeit. Durch sie wurde das Genre Gitarrenlyrik zum kulturellen und gesellschaftlichen Ereignis. Es schuf Elemente des Demokratischen in der Öffentlichkeit und setzte emanzipatorische Kräfte frei.
Während des „Tauwetters“ trat Anfang der 60er Jahre eine neue Dichtergeneration hervor. Zu ihr gehörte neben Bella Achmadulina, Jewgenij Jewtuschenko und Andrej Wosnesenskij auch Bulat Okudschawa.
Okudschawa begründete jenes Genre, das sich in der Einheit von Text, Melodie und Interpretation ein und desselben Autors manifestierte.
Eine bedeutende Voraussetzung für den Durchbruch des Genres Gitarrenlyrik war die „Rehabilitierung“ der Gitarre als Musikinstrument. In den 30er und 40er Jahren war sie als Symbol des Zigeunertums und der Gaunerwelt denunziert worden und deshalb offiziell verfemt. Die sowjetische Literatur- und Musikkritik diffamierte Lieder mit Gitarrenbegleitung bis zum Ende der 60er Jahre als „kleinbürgerliches Relikt zurückgebliebener Bevölkerungsschichten“.

1962 lasen 17 russische Lyriker vier Stunden lang vor 11 000 Zuhörern:
„Von der Bühne erschallte das, was man nicht drucken durfte. Wir weigerten uns, vorher die Texte zu zeigen ... Welch neuer Zweig geistiger Kultur wurde gerade in unserem Land und gerade im 20. Jahrhundert geboren? Ich denke, das ist der öffentliche Gedichtvortrag von Dichtern vor großen Auditorien.“ So charakterisierte der zu den russischen Kult-Dichtern der 60er Jahre gehörende A. Wosnessenskij jene Zeit. Für die in den 60er Jahren zunehmend mündlich orientierte Kommunikation zwischen Dichter und Publikum war die Gitarrenlyrik mit ihrer musikalischen Komponente prädestiniert. Sie ermöglichte eine Unabhängigkeit von der staatlichen Zensur.
Die lyrische Innovation der 60er Jahre, insbesondere für die Gitarrenlyrik, bereiteten die Studentenlieder der Tauwettergeneration vor: allen voran Jurij Wisbor und Julij Kim. Damals war das Moskauer Staatliche Pädagogische Institut Zentrum des Studentenliedes. Seine Studenten wie Okudschawa, der durch den Stalinschen Terror seinen Vater verlor, waren von der Entstalinisierung persönlich betroffen.
„Bei uns entstanden die Lieder von Bulat Okudschawa, Alexander Galitsch, Julij Kim, Wladimir Wyssozkij und anderen neuen Barden in den Jahren des ‚Tauwetters’ zuerst als spontaner, halbbewußter und dennoch direkter Widerstand gegen die triumphal-pompöse Lügenkunst... Darin wurden die berühmten Sänger vorbereitet und begleitet von der Singbewegung der Geologen, Studenten und ‚Neulanderoberer’.
Die beweglichen jungen Gemeinschaften entfernten sich von der herrschenden ‚industriell’ standardisierten Zivilisation, von den trostlosen Schablonen der Propaganda und jeglicher geplanter ‚Kulturarbeit’, wurden nicht selten zu Quellen der Freiheit. Sie singen unterwegs und in der Freizeit, wie immer unter ähnlichen Umständen in Rußland gesungen wird ... Und meistens begleitet gerade die Gitarre solche Sänger“, schrieb Lew Kopelew 1978 in Erinnerung an Alexander Galitsch.



Lew Kopelew

Das Genre Gitarrenlyrik erlebte nach 1980 und vor allem mit den Gorbatschowschen Reformen einen neuen Aufschwung.
Okudschawa begann nach achtjähriger Pause wieder Lieder zu schreiben und trat mit der Gitarre auf. Im Februar 1986 trug er erstmals öffentlich seine Gedichte und Lieder über Stalins Verbrechen vor. 1986 erschien das erste Plattenalbum von Wyssozkij. 1988 wurde Galitsch offiziell rehabilitiert und eine erste Schallplatte von ihm produziert. Ende der 80er Jahre entwickelte sich die Gitarrenlyrik zur offiziellen Massenkultur. Aus den Verfemten wurden nun Klassiker, die in den Staatsverlagen gedruckt wurden. Sie erhielten hohe staatliche Auszeichnungen, man setzte ihnen Denkmäler und richtete Museen für sie ein.
(Bild: Lew Kopelew: telegraf.citycat.ru)

Nach:
Russische Liedermacher: Wyssozkij, Galisch, Okudschawa, Russ.-dt., Übers. K. Borowsky, Nachwort K. Lebedewa, Stuttgart 2000, S. 192-207

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Freitag, 28. April 2006
Musik: "Zar und Zimmermann"
Exkurs: Uraufführung von Lortzings „Zar und Zimmermann“ („Die zwei Peter“) in Leipzig

1. Akt:

Arbeitsplatz auf der Schiffswerft in Saardam.
Unter dem Namen Peter Michaelow läßt sich Zar Peter I. von Rußland in Saardam, um sich in der Schiffsbaukunst auszubilden. Er hat mit dem russischen Deserteur Peter lwanow Freundschaft geschlossen. Dieser hat eine Liebesbeziehung zu Marie, der Nichte des Bürgermeisters. Nachdem in letzter Zeit mehrere geheimnisvolle Nachrichten umlaufen, fürchten die beiden Russen, entdeckt zu werden – was für beide (aus je besondern Gründen) gefährlich wäre. Es ist bekannt geworden, daß sich der russische Zar in Saardam aufhalte. Gesandte aus England und Frankreich wollen den Zaren finden, um mit ihm über ein Sonderbündnis zu verhandeln. Der Bürgermeister van Bett berichtet, daß es zwei Russen mit Namen Peter gäbe. Er hält den falschen Peter (Iwanow) für den Zaren, ebenso der englische Gesandte. Dem französischen Gesandten gelingt es durch eine geschickte List, daß der Zar sein Inkognito lüften muß.

2. Akt: In einer Schenke.

Während eines Hochzeitsfests verhandelt der englische Gesandte mit dem falschen Peter, der sich geschickt in die Rolle des Zaren findet, während der französische Gesandte sein geplantes Abkommen mit dem richtigen Peter trifft. Während Marie ein russisches Brautlied singt, wird das Fest von Soldaten gestört. Die holländische Regierung hat erfahren, daß in letzter Zeit holländische Arbeiter von Fremden zum Dienst im Auslande angeworben werden und will diesem Übelstande ein Ende machen. Deshalb sollen nun alle Fremden, die sich nicht legitimieren können, verhaftet werden. Der Bürgermeister macht sich sogleich ans Werk und will alle, sogar sich selbst, arretieren lassen, um ganz sicher zu gehen. Doch alle Fremden legitimieren sich nacheinander als Gesandte ihrer Länder. Nur die beiden Peter bleiben übrig. Als van Bett Peter Iwanow verhaften will, flüstert man ihm zu, das sei der Zar von Rußland. Dem wirklichen Zaren Michaelow, der als letzter übrigbleibt, reißt die Geduld, und vor seinem Zornesausbruch verkriecht sich der Bürgermeister in völliger Ratlosigkeit unter dem Tisch.

3. Akt: Halle im Stadthaus.

Van Bett studiert mit einem Chor eine selbstverfaßte Kantate ein, mit der er den Zaren begrüßen will, für den er nach wie vor Iwanow hält. Als der wirkliche Zar auftritt, fährt er ihn grob an, wie er sich unterstehen könne, sich gestern an ihm zu vergreifen. Marie klagt dem Zaren ihr Leid: man halte ihren Peter für den Zaren von Rußland. Er verspricht ihr, sie mit ihrem Geliebten zusammenzubringen. Gerührt vergeicht er in Gedanken sein Schicksal als Zar mit der unbeschwerten Zukunft der beiden jungen Leute. Als der Zar aber, durch den Ausbruch von Unruhen nach Rußland zurückgerufen, die Heimreise antreten will, kann er aus dem gesperrten Hafen nicht hinaus. Iwan wird zum Retter in der Not, denn er hat einen englischen Paß, den er dem Zaren gibt. Dafür erhält er von diesem ein Kuvert, das er erst nach einer Stunde öffnen darf. Der Bürgermeister naht mit seiner Sängerschar, um den Zaren feierlich zu begrüßen. Peter Iwanow wird ehrerbietig auf einen Thronsessel geleitet und läßt, ohne dies alles zu begreifen, die Ansprache über sich ergehen. Da meldet ein Ratsdiener, daß Peter Michaelow auf vollbesetztem Schiffe eben zum Hafen hinausfahre. Der Bürgermeister ruft zu den Waffen; doch Peter Iwanow verliest das Schreiben des Zaren, das ihn zum kaiserlichen Oberaufseher ernennt und die Einwilligung zu seiner Heirat mit Marie gibt. Also ist Michaelow der Zar, der auf seinem Schiffe in Uniform noch einmal sichtbar wird und die Huldigungen der Saardamer Bürger, samt Bürgermeister, entgegennimmt.

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Musik. 1844: Rimsky-Korsakow geboren.
18. März: Nikolaj Andrejewitsch Rimskij-Korsakow in Tichwin geboren.



Klavierunterricht.
1856: Marine-Kadettenschule in St. Petersburg.
Er lernt über seinen Bruder die deutschen Klassiker sowie Schubert, Berlioz, Rossini, Liszt und Wagner kennen, ebenso Glinkas ‚Ruslan und Ljudmilla’.
Ab 1860: Professioneller Unterricht bei dem Pianisten Fjodor Kanille. Er macht ihn mit Balakirew bekannt. Er lernte Cui, Mussorgski kennen, später auch Borodin.
1862: Kommando zu einer Weltumseglung.
1865: Rimskij-Korsakows musikalische Karriere beginnt mit seiner Rückkehr nach St. Petersburg. Kontakte zum Kreis um Balakirew.
Dezember 1865: 1. Sinfonie wird aufgeführt, erster öffentlicher Erfolg.
Während seiner Zeit als Marineoffizier entstanden mehrere Werke: eine Ouvertüre über russische und eine Phantasie über serbische Themen, die sinfonische Dichtung ‚Sadko’, die sinfonische Suite ‚Antar’, Lieder und die erste Oper ‚Pskowitjanka’.
1871: Professur für Komposition am Konservatorium in St. Petersburg.
Rimsky-Korsakow bemerkt die Mängel seiner Ausbildung. Schaffenskrise.
1873: Dritte und letzte Sinfonie.
Planmäßiges Studium von Harmonien und des Kontrapunkts.
Entfremdung vom Balakirew-Kreis (dem ,Mächtigen Häuflein’), der seine „akademischen“ Studien mit Argwohn beobachtet.
1874: Leitung der Freien Musikschule, anstelle Balakirews.
Erstes Konzert mit Werken von Händel, Haydn, Palestrina und Bach.
Das Verhältnis zu Balakirew und Mussorgski wird zunehmend problematisch. Cui und Borodin halten weiter zu ihm.
Das Ministerium ernennt ihn zum Inspektor der Marinekapellen.
1872: Heirat mit Nadeshda Purgold, einer begabten Pianistin und Komponistin (aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, zwei starben im Kindesalter an Diphterie).
Rimsky-Korsakows Kompositionen nehmen nun eine streng akademische Richtung an.
1879: Oper ,Mainacht’. Sie demonstriert die „Verschmelzung von feinfühligem russisch-slawischem Geistesleben mit mitteleuropäischer Geisteszucht“. Rimskij-Korsakow wurde zum „idealistisch-pantheistischen Lyriker und volkstümlichen Romantiker“ (Gilse van der Pals, Nikolaus van, N.A.Rimsky-Korssakow Opernschaffen nebst Skizze über Leben und Wirken, Paris und Leipzig 1929, Repr. Hildesheim 1977).
Sinfonische Dichtung ,Szazka’ (Märchen, nach Puschkin).
1880: Oper ‚Snegurotschka’ (Schneeflöckchen), ein „Schlüsselwerk“ für Rimskij-Korsakow.
1887: ‚Capriccio espagnol’.
1888: Sinfonische Suite ,Sheherazade’ (nach den Geschichten aus ‚Tausendundeiner Nacht’; Auferstehungsouvertüre ,Russische Ostern’.
Bearbeitetung von Mussorgskis Opern ,Chowanschtschina’ und ‚Boris Godunow’ sowie dessen Intermezzo ,Eine Nacht auf dem kahlen Berge’. Er vollendet Borodins fragmentarische Oper ,Fürst Igor’. Daneben verstärkte Lehrtätigkeit am Konservatorium. Alexander Glasunow, Sergej Prokofjew und Igor Strawinsky zählten zu seinen Schülern.
1883: Ausbildung der Orchestermusiker in der Hofsängerkapelle Zar Alexanders III. Balakirew war sein Vorgesetzter. Komposition kirchenmusikalischer Werke, Hymnen und Choräle. Zum offenen Bruch mit Balakirew kam es, als Rimskij-Korsakow sich dem Kreis um den Holzfabrikanten Petrovitsch Beljajew anschließt, Begründer und Finanzier der Russischen Sinfoniekonzerte. Dies war ein Forum zeitgenössischer russischer Musik. Rimskij-Korsakow übernahm die künstlerische Leitung und stellte sich offen gegen die Freie Musikschule.
1890: Unter Einfluß des ‚Rings’ Wagners komponiert er das romantische Volksepos ,Mlada’.
1891: Bruch mit Balakirew.
1893: Tod seiner Tochter Mascha und Pjotr Tschaikowskis.
Die Aufführungen der ,Mlada’ wurden zum Misserfolg.
Unterstützung erhielt Rimsky-Korsakow von der Russischen Privatoper, gegründet von dem Industriellen Sawwa Mamontow. Sie förderte junge Talente und zeitgenössische Komponisten. Mit Künstlern wie dem Sänger Fjodor Schaljapin und den Dirigenten Sergej Rachmaninow und Arthur Nikisch wurde sie eine Alternative zur verknöcherten Routine staatlicher Bühnen.
Rimskij-Korsakow wurde zum meistgespielten Komponisten des Hauses. Sechs seiner fünfzehn Opern erlebten hier die Uraufführung, darunter ,Sadko’ (1897).
1897-1899: Es entstehen rund vierzig Romanzen für ein bis zwei Singstimmen und Klavier, kammermusikalische Werke, darunter das Trio C-Dur für Violine, Cello und Klavier und die Oper ,Mozart und Salieri’ (1897).
1899: Rimskij-Korsakow tritt in seine Spätphase ein: ,Märchen vom Zaren Saltan’, ,Der unsterbliche Katchej’ (1901), ,Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitezh’ (1903), ,Der Goldene Hahn’ (1906).
22. Januar 1905: Blutsonntag.



Blutsonntag

Rimskij-Korsakow gehörte zu den Unterzeichnern einer öffentlichen Resolution. Er solidarisierte sich mit den protestierenden Studenten des Konservatoriums. Er wurde entlassen, auf Druck der Kollegen, der Studenten und der Öffentlichkeit wieder eingestellt. Seine letzte Oper, „Der goldene Hahn“, wurde verboten. Die Obrigkeit argwöhnte eine politische Satire.
1905: Reise mit der Familie nach Venedig. Angina pectoris.
1907: Paris. Er dirigiert eigene Werke. Nach seiner Rückkehr Arbeit an seiner Instrumentationslehre.
1908: Erneute Erkrankung. Aufenthalt mit der Familie auf dem Land in Ljubensk. Hochzeit seiner Tochter Nadeshda Nikolajewna mit einem seiner Lieblingsschüler.
8. Juni 1908: Herzanfall, Tod.
25.9.1909: Gefeierte Uraufführung seines ‚Goldenen Hahns’.

Rimsky-Korsakow gehörte zunächst dem ‚Mächtigen Häuflein’ mit Alexander Borodin, César Cui, Modest Mussorgski und ihrem Mentor Mili Balakirew an. Das Ziel der Gruppe war, das russische Musikleben grundlegend zu verändern.
1861 lockerte Zar Alexander II. die ständisch-feudalen Beschränkungen. Auf Initiative des Pianisten Anton Rubinstein wurde das erste russische Konservatorium in St. Petersburg gegründet. Die Ausbildung der Musiker wurde professionalisiert – Auftakt zu einem öffentlichen bürgerlichen Musikleben, in welchem die Künstler unabhängig von Mäzenen arbeiten konnten. Rubinstein vertrat die klassische westliche Musiktradition und war Verfechter einer systematisch-technischen Ausbildung. Das ,Mächtige Häuflein’ (oder die ,Russischen Fünf’) lehnte freilich eine solche Ausbildung ausdrücklich ab, begünstigte sie doch in ihrem Verständnis ein seelenloses, einseitig technisch orientiertes Virtuosentum. Dieses beeinträchtige die künstlerische Freiheit und das schöpferische Talent.
Vorbilder waren Alexander Dargomyshki und Michail Glinka. Glinka „erkannte ... die Bedeutung des Liedes als eines wahren ... Ausdrucksträgers des Volksgemüts“. Er hatte Elemente der russischen Volksmusik in seine Kompositionen übernommen, allerdings auf der Grundlage „seines aus Westeuropa geholten technischen Könnens“ (Gilse).
Balakirew hatte die Vision einer eigenständigen nationalrussischen Musik, die, antiromantisch und realistisch, das Gegenprogramm zur „akademisch-inhaltsleeren“ westlichen Musik bilden sollte.
1862 gründete er eine Freie Musikschule, die für jeden kostenlos war.
Damit entstanden zwei gegnerische Lager: ein gleichsam russisch-nationales der Jungrussen und das akademisch-westliche mit Rubinstein und Peter Tschaikowsky.
Die Kluft wurde mit der Zeit beseitigt. Die westlich orientierten Komponisten strebten eine nationale russische Musik an, die ‚Jungrussen’ wiederum erkannten die Bedeutung systematischer Musikausbildung.
Nikolaj Rimskij-Korsakow öffnete sich als Erster westlicher Kompositionsweise.
Nach Übernahme seiner Professur 1871 entstand im ‚Mächtigen Häuflein’ ein Konflikt. „Der Balakirewsche Kreis (...) ließ fast nur Orchester-, Klavier- und Chormusik (...) gelten und ignorierte die gesamte Kammermusik, Gesangsensembles und Streichersoli“, notierte Rimskij-Korsakow in der ‚Chronik meines musikalischen Lebens’. Er studierte klassische und zeitgenössische Werke, etwa Bach; Mozart, Beethoven, Berlioz und Liszt wurden Vorbilder für ihn. Wagner gegenüber verhielt er sich zunächst distanziert. Er komponierte Klavierwerke, Romanzen, Konzertstücke und Kammermusik, wandte sich dem Volksepos, den Märchen und Geschichten zu, ebenso der russischen Volksmusik, die er in sein späteres Hauptwerk, die Programmusik und die Opern, integrierte.

Von Rimsky-Korsakow stammt eine Übersetzung und Vertonung (1866, op. 3 Nr. 1) von Heinrich Heines Gedicht „Ein Fichtenbaum“ aus dem Buch der Lieder.

Ein Fichtenbaum steht einsam
Im Norden auf kahler Höh.
Ihn schläfert; mit weißer Decke
Umhüllen ihn Eis und Schnee.
Er träumt von einer Palme,
Die, fern im Morgenland,
Einsam und schweigend trauert
Auf brennender Felsenwand.
(Heinrich Heine)

Literatur: Gilse van der Pals, Nikolaus van, N.A.Rimsky-Korssakow Opernschaffen nebst Skizze über Leben und Wirken, Paris und Leipzig 1929, Repr. Hildesheim 1977

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Donnerstag, 27. April 2006
Musik. 1874: Uraufführung der Oper „Boris Godunow“ von Modest Mussorgskij
... nach der gleichnamigen dramatischen Chronik von Alexander Sergejewitsch Puschkin (1825) und Iwan Chudjakows "Das mittelalterliche Russland" (1867)

Prolog

Im Jungfrauenkloster in Moskau wird das Volk durch den Vogt und die Hauptleute mit Knuten angetrieben, den unschlüssigen Boris zu bitten, Zar zu werden. Dieser gibt schliesslich nach und lässt sich unter dem Jubel des Volkes und den Huldigungen der Bojaren in der Kathedrale krönen.

Erster Akt

In seiner Zelle des Tschudow-Klosters schreibt der greise Mönch Pimen an einer russischen Chronik, die sein Schüler, der junge Mönch Grigori, abschließen möge. Der allerdings fühlt sich nicht zum Chronisten und Mönch berufen. Als er hört, daß der ermordete Zarewitsch Dmitri jetzt genauso alt wie er wäre, entschließt er sich, dessen Stelle einzunehmen. In einer Schenke an der litauischen Grenze sucht Grigori Zuflucht vor den Häschern des Zaren, weil er nach seiner Flucht aus dem Kloster durch aufrührerische Reden Verdacht erregt hat. Er will mit zwei Bettelmönchen nach Litauen fliehen und springt, als eine Streife die Schenke betritt, aus dem Fenster.

Zweiter Akt

Xenia klagt um den toten Bräutigam, als der schwermütig gewordene Zar den Raum betritt. Schujski, ein hinterhältiger Intrigant, meldet, daß ein falscher Zarewitsch, der sich für Dmitri ausgebe, mit einem Heer von Polen im Anmarsch sei. Als Boris erfährt, daß der echte Dmitri im Kloster von Uglitsch ermordet wurde, wird er von einem Wahnsinnsausbruch heimgesucht.

Dritter Akt

Marina, die gern Zarin werden möchte, zieht den falschen Dmitri in ihren Bann und wird vom Jesuiten Rangoni ermahnt, ihn nur dann zu erhören, wenn er gelobe, Rußland dem katholischen Glauben zuzuführen. Dmitri erwartet im Schloßgarten die Geliebte. Rangoni verspricht ihm die Erfül-lung seiner Wünsche. Marina stachelt die Polen zum Krieg gegen Rußland auf, dem unschlüssigen Dmitri verheißt sie ihre Liebe, wenn er Zar geworden ist.

Vierter Akt

Im Kreml beschließen die Bojaren gegen Dmitri das Todesurteil. Da erscheint Zar Boris, vor Gewissensqual fast wahnsinnig geworden. Er bricht zusammen, als Pimen ihm berichtet, daß ein Blinder am Grab des ermordeten Zarewitsch sehend geworden sei. Er tritt die Herrschaft an seinen Sohn Fjodor ab, warnt ihn vor den Bojaren und stirbt.
Dmitri erscheint mit Heeresmacht vor Moskau und wird vom Volk jubelnd als rechtmäßiger Thronerbe begrüßt. Ein Blödsinniger bleibt zurück und beklagt Rußlands tragisches Schicksal.

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Mittwoch, 26. April 2006
Musik. 1836: Uraufführung der Oper „Ein Leben für den Zaren“ von Michail Glinka, (erste russische Oper).
Glinka wird als Vater der russischen Oper bezeichnet.



Erster Akt

Im Dorf Domnino feiern die Bauern den russischen Sieg über Polen. Sussanins Tochter Antonida erwartet sehnsüchtig ihren Bräutigam Sobinin aus dem Krieg zurück. Sussanin hat vom neuerlichen Vordringen der Polen nach Moskau gehört und will deshalb die Hochzeit solange verschieben, bis Rußland frei ist und Gott ihm einen neuen Zaren gegeben hat. Als Sobinin heimkehrt und von der Wahl des Bojaren Romanow, eines Nachbarn von Sussanin berichtet, ist der Bauer überglücklich, daß sein alter Freund Herrscher wird und lädt alle zum Polterabend ein.

Zweiter Akt

Polnische Edelleute feiern einen Ball, weil Moskau wieder in ihre Hände gefallen ist. Ein Bote meldet, der König und die Armee seien geflohen und daß Rußland einen neuen Zaren hat. Dies verärgert eine Gruppe Edelleute, die mit dem Verlauf des Krieges und den Taten ihres Königs unzufrieden sind. Sie beschließen, den neuen Herrscher zu suchen, gefangenzunehmen und umzubringen, um die daraus folgenden Wirren politisch ausnutzen zu können.

Dritter Akt

Die Bauern kommen zum Polterabend. Sussanin und Wanja, der Soldat werden will, empfangen sie. Während Sobinin noch unterwegs ist, um Freunde zu holen, stürzen Polen in die Stube und verlangen von Sussanin, zum Aufenthalt des neuen Zaren, einem Kloster, geführt zu werden. Der Bauer läßt den Zaren durch Wanja, der unbemerkt wegschleichen kann, warnen. Er verabschiedet sich von seiner Tochter und geht mit den Polen. Als Sobinin und die Bauern erfahren, was geschehen ist, eilen sie davon, um lwan zu retten.

Vierter Akt

Während die Bauern Sussanin suchen und dieser die Feinde in die Irre führt, erreicht Wanja das Kloster. Er mahnt die Bojaren und Romanow zur Flucht.
Sussanin hat die Polen in tief verschneite und unwegsame Wälder geführt. Schließlich wird den Feinden klar, daß er sie betrogen hat. Sie erschlagen ihn.

Epilog
Als Romanow in Moskau einzieht, jubelt das Volk. Sussanin wird zum Helden erklärt.

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Musik. Schostakowitsch, Die Lady Macbeth von Mzensk (nach Leskov)
Erster Akt

Die Kaufmannsfrau Katerina lsmailowa führt mit ihrem ungeliebten Mann ein unerfülltes Leben, ihr Schwiegervater kritisiert sie ununterbrochen. Eines Tages wird gemeldet, der Damm einer weit entfernten Mühle sei gebrochen. Der alte Boris schickt seinen Sohn, um nach dem Rechten zu sehen, vorher muß Katerina ihrem Mann auf den Knien ewige Treue schwören. Vor seiner Abreise hat Sinowij den als Schürzenjäger bekannten Arbeiter Sergej eingestellt, der mit anderen Arbeitern Axinja belästigt. Als Katerina den Männern Vorhaltungen macht, fordert Sergej sie scherzhaft zu einem Ringkampf heraus. Katerina unterliegt und wird von Sergej auf den Boden geworfen. In dieser peinlichen Situation erscheint der alte Boris und treibt alle auseinander.
Katerina und die Arbeiter haben sich zur Ruhe begeben. Sergej kommt unter dem Vorwand zu Katerina, ein Buch leihen zu wollen. Es gelingt ihm mühelos, sie zu verführen.

Zweiter Akt

Boris schleicht nachts im Hof herum. In Katerinas Zimmer sieht er Licht und wie sich Sergej verabschiedet. Wütend läßt der Alte den Knecht von seinen Arbeitern halb tot prügeln und schickt einen Angestellten fort, um Sinowij zurückzuholen. Katerina wird von ihrem Schwiegervater gezwungen, ein Abendessen zu kochen. Haßerfüllt mischt sie Rattengift unter die Pilze. Boris stirbt, ein Pope nimmt ihm die Beichte ab, doch den Namen der Mörderin kann der Alte nicht mehr nennen.
Sergei und Katerina, die Wahnvorstellungen hat, leben zusammen, bis eines Tages Sinowij zurückkehrt. Sergej verbirgt sich, doch Sinowij merkt bald, daß seine Frau ihn betrügt und verprügelt sie. Katerina ruft um Hilfe, Sergej erschlägt den Ehemann. Die Leiche wird im Keller versteckt.

Dritter Akt

Katerina hat Sergej geheiratet, die Hochzeit wird gefeiert. Ein armseliges Bäuerlein geht in den Keller, wo er Wodka vermutet, findet die Leiche und verständigt die Polizei. Während der Pope dem Hochzeitspaar Glück und ein langes Leben wünscht, fällt Katerina das aufgebrochene Kellerschloß auf. Die weiß nun, daß alles entdeckt ist. Die Polizei verhaftet Sergej und Katerina, die vergebens zu fliehen versuchen.

Vierter Akt

Katerina und Sergej sind zu Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt worden. Sie ziehen mit anderen Sträflingen fort. Sergejs Liebe ist erkaltet. Er hat sich der hübschen Sonetka zugewandt. Katerina besticht den Sergeanten, weil sie mit Sergej, den sie immer noch liebt, zusammen sein will. Dieser verlangt ihre Strümpfe, die er Sonetka als Liebesbeweis schenken wird. Als Katerina am nächsten Morgen ihre Strümpfe an Sonetkas Füßen entdeckt, wird sie zum allgemeinen Gespött. Sie stürzt sich mit Sonetka ins Wasser, als die Kolonne einen See überquert. Beide ertrinken, der Zug der Gefangenen zieht weiter nach Sibirien.

Schostakowitsch nahm 1958 eine Umarbeitung der „Lady Macbeth von Mzensk“ vor. Sie wurde 1963 in Moskau unter dem Titel „Katerina Ismailowa“ uraufgeführt. Eingriffe betrafen v.a. Schilderungen von Katerinas sexueller Besessenheit, ebenso mancherlei derbe Anspielungen und Frivolitäten.

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