Sonntag, 14. Mai 2006
Prinzessin Sophie Dorothea von Württemberg (Zarin Maria Feodorowna)
1776 heiratete die Prinzessin Sophie Dorothea von Württemberg (Zarin Maria Feodorowna) den russischen Großfürsten und späteren Zaren Paul I. Sie war die Mutter der späteren Zaren Alexander I. und Nikolaus I.

Ihr Schloß Gatschina wurde zum Zentrum vieler Gelehrter und Künstler, unter ihnen ---> Nikolai Karamzin. Karamzin war Mitglied der Moskauer Rosenkreuzer und machte M.Ch. Wielands Werke in Rußland bekannt.

Beziehungen zu Baden-Württemberg unterhielt auch Graf Nikolai Scheremetjew, Schüler der Hohen Carlsschule in Stuttgart und Freund Schillers. Er ließ Schillers Dramen am Kaiserlichen Theater in St. Petersburg aufführen.

Maria Feodorowna war stark sozial engagiert. Sie beteiligte sich am Aufbau von Bildungseinrichtungen und Armenfürsorgeanstalten. Ihr soziales Engagement kam auch Baden-Württemberg zugute:
1818 stellte sie ihrer Tochter, Katharina Pawlowna, Königin von Württemberg, 350 Dukaten zur Verfügung und sorgte mit einer Jahresgabe von 2.000 Rubeln für eine regelmäßige finanzielle Ausstattung des württembergischen Wohltätigkeitsvereins. Auch viele ihrer Verwandten beteiligten sich an den von ihr angeregten sozialen Projekten.

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Sonntag, 7. Mai 2006
Geschichte
Die Tataren

Das Wort leitet sich vom mongolischen Stamm „Dada“ her. Er bewohnte im 5. Jht den heutigen Nordosten der Mongolei.



Tatarisches Haus

Im 13. Jahrhundert fallen Truppen, unter ihnen auch Tataren, unter Führung Dschingis Khans in Teile Asiens und Europas ein. Sie wurden in Europa als Tataren bezeichnet. Später stand der Begriff synonym für die gesamte turksprachige Bevölkerung.
Zu den tatarischen Vorfahren gehören neben den Mongolen vor allem die Wolga-Bulgaren, die Kiptschaken, ebenso Finno-ugrische Völker und Slawen.
Heute versteht man unter den Tataren ein Turkvolk mit weltweit etwa acht Millionen Menschen. Es gibt mehrere Untergruppen:

- Krimtataren,
- Astrachan-Tataren,
- Nogaier-Tataren u.a.

Innerhalb dieser Gruppen gibt es sprachliche und kulturelle Besonderheiten.
Heute leben die Tataren vorwiegend in Teilen Rußlands, v.a. in der Republik Tatarstan und im benachbarten Baschkortostan.
Andere Siedlungsgebiete der Tataren sind die GUS-Staaten, Rumänien, Bulgarien, Polen, China, Finnland und die Türkei.

Die Sprache der Tataren ist tatarisch. Sie sprechen indes größtenteils russisch und, sofern sie nicht im russischen Gebiet leben, ihre landestypischen Sprachen.

Die meisten Tataren sind Muslime. Sie bekennen sich zum sunnitischen Islam. Die Wolga-Bulgaren schlossen sich bereits um 900 dem Islam an.
Eine Minderheit gehört dem orthodoxen Christentum an.

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Freitag, 5. Mai 2006
Geschichte: Sibirien
Sibirien:
Geographisch umfaßt Sibirien Rußlands asiatischen Teil zwischen dem Ural und dem Pazifischen Ozean.
Historisch-politisch handelt es sich Ende des 16. Jahrhunderts von Moskau eroberte Khanat Sibir, ohne Einbezug der Großregion Ferner Osten.
Sibirien umschließt etwa zehn Millionen qkm. Die west-östliche Ausdehnung beträgt ca. 7000 km, vom Ural bis zu den Gebirgen der pazifischen Wasserscheide.
Vom Nordpolarmeer bis zum südlichen Ende dehnt sich Sibirien auf etwa 3500 km aus. Die südliche Grenze bilden das kasachische Hügelland und die Gebirge an den Grenzen zur Mongolei und China. Früher umfaßte Sibirien auch den Fernen Osten, der Pazifik war östliche Grenze.
1577: Es war die Nowgoroder Kaufmannsfamilie Stroganow, die den Anstoß zur Eroberung Sibiriens gab. Sie initiierte die Kosakenexpedition von 1577-1585 unter Jermak Timofejew.



1581/82 eroberte Jermak die Hauptstadt Sibir des westsibirischen Khanats. Der Moskauer Staat unter Ivan IV. sicherte sich danach das Territorium von Khan Kutschum durch die Errichtung zahlreicher Festungen:

1586 Tjumen, 1587 Tobolsk, 1604 Tomsk, 1632 Jakutsk, 1652/61 Irkutsk.

Der Zar hatte in Form von Tributen und Zöllen Anteil am wirtschaftlichen Gewinn.

1598: Die Sibirische Horde wird zerschlagen.

Im 17. Jahrhundert wurde Sibirien zunehmend intensiver erschlossen. Wirtschaftlich besonders bedeutend waren Pelze, insbesondere der Zobel. Pelztierjäger und Händler folgten den Kosaken weiter nach Osten.

1639 erreichten Kosaken unter Ivan Moskwitin den Pazifik, wo sie 1648 den Hafen Ochotsk begründeten. Von Ochotsk aus zogen russische Abteilungen bis ins Amurbecken, wurden aber von den in China herrschenden Mandschus zurückgedrängt.
1643 wurde der Baikalsee erreicht. Im Vertrag von Nertschinsk wurden die Auseinandersetzungen mit den Mandschus beigelegt. Bis ins 19. Jahrhundert legte er die russisch-chinesische Grenze auf der Wasserscheide zwischen Lena und Amur fest.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erstreckte sich die russische Expansion auf den äußersten Nordosten Eurasiens, auf die Halbinseln Tschukotka und Kamtschatka.
1728 schickte Peter II. den Dänen Vitus Bering auf eine Expeditionsreise zur weiteren Erforschung sibirischer Bodenschätze.
Im 18. Jahrhundert wurde Sibirien auch Deportationskolonie für Verbrecher und politische Gefangene.
Bis Ende des 19. Jahrhunderts kolonisierten Läuflinge und Siedler aus übervölkerten Teilen Großrußlands und der Ukraine Sibirien. Die Hungersnot von 1891 und der Bau der Transsibirischen Eisenbahnlinie verstärkten weiteren Zulauf.
Unter der Sowjetmacht kam es in den 20er Jahren zu einer administrativ-territorialen Neuordnung. Sibirien wurde in eine Ost-, eine Westsibirische und die Fernöstliche Region (krai) aufgegliedert.
1922 wurden die Jakutische ASSR,
1923 die Burjat-Mongolische ASSR geschaffen.



Braun = Rußland
Grün = Eroberungen unter Peter dem Großen

Die kleinen Völkerschaften wurden 1930 in Nationale Kreise (okrug) zusammengefaßt.
In den 30er Jahren wurde Sibirien zur zweiten Basis der Schwerindustrie der SU. Wegen seiner ungeheureren Ressourcen im Hinblick auf Kapitalinvestitionen bevorzugt behandelt, konnte es aufgrund seiner klimatischen und infrastrukturellen Probleme bis heute nicht in dem Maße wie erhofft erschlossen werden.

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Donnerstag, 4. Mai 2006
Geschichte. Rasputin
Grigorij Jefimowitsch Rasputin (geb. um 1871 Prokrowskoje bei Tjumen (Sibirien), gest. 16./17.Dezember 1916, St. Petersburg.

Sein Aufstieg vom Bauernsohn in eine dominierende Position mit weitreichenden politischen Folgen unter der Zarenfamilie im vorrevolutionären Rußland ist ohne die ihm zugeschriebenen heilkundlichen Kenntnisse und Verhaltensregeln nicht denkbar.
Rasputin war das dritte Kind eines wohlhabenden Bauern. Zwanzigjährig heiratete er ein Mädchen aus seinem Dorf, mit dem er drei Kinder hatte. Er arbeitete als Fuhrmann. Um 1900 schloß er sich den flagellantischen Khlisti (Chlysten = Geißler), einer häretischen religiösen Sekte, an und lebte in einer mönchsähnlichen Gemeinschaft. Diese lebte nach der Devise, daß der Mensch zuerst sündigen müsse, um erlöst zu werden. Sie praktizierten vielfältige Gebräuche und Riten vorwiegend sexueller Natur. Deshalb wurde Rasputin aus seinem Heimatdorf verstoßen.
Danach wanderte Rasputin durch Russland. Allenthalben zog er Aufmerksamkeit auf sich. Vor allem führte er Frauen in die Flagellantenrituale ein.

Um 1905 ließ sich Rasputin in St. Petersburg nieder. Er eröffnete in einer Mietwohnung eine Art ärztliche Praxis. Sein Patientenkreis bestand vorwiegend aus Frauen jüngeren Alters, die aus allen Bildungs- und Gesellschaftskreisen stammten. Sie versammelten sich im Esszimmer und warteten auf die Einladung in Rasputins Schlafzimmer (das „Allerheiligste“). Bald verbreiteten sich Gerüchte über Rasputins Wunderkräfte.
Seine Wirkung wurde auch am Zarenhof in St. Petersburg wahrgenommen.

1907 wurde er zu Zar Nikolaus II. Alexandrowitsch (1868-1918) geladen. Dessen Sohn Alexis litt unter Hämophilie. Rasputin gelang es, das Leiden des jungen Thronfolgers (kurzfristig) zu lindern, was ihm die uneingeschränkte Gunst der Zarin Alexandra und die Bewunderung des Zaren einbrachte. Diese Protektion nutzte Rasputin für sich und verschaffte sich eine einflußreiche Stellung.
Sein Einfluß auf die Zarenfamilie und sein Lebenswandel riefen zumal in konservativen Adelskreisen Bestürzung hervor. Er wurde als Ursache der Kriegsniederlage gegen Japan 1904/1905, der Revolution 1905 und den sich abzeichnenden russischen Zusammenbruch im 1. Weltkrieg angesehen. Nachdem Attentatsversuche gegen ihn fehlgeschlagen waren, gelang es einigen Verschwörern, Rasputin in eine Falle zu locken und zu ermorden. Die Verschwörer, Prinz Felix Jussupow, Wladimir Purischkjewitsch, Dmitri Pawlowitsch Romanow (ein Neffe des Zaren), Oberst Suchotin und Dr. Stanislaus Lasowert, versuchten zunächst, Rasputin zu vergiften. Er überlebte den Verzehr mehrerer mit Zyankalie gefüllter Törtchen. Dann schossen die Verschwörer auf ihn. Die Schüsse waren nicht tödlich. Die Verschwörer fesselten Rasputin und warfen ihn schließlich in die Newa, wo er ertrank.

Flügeladjutant Sablin über Rasputin:

„[...] 1908, während einer Kreuzfahrt auf der Yacht ‚Standart’, als ich der Zarenfamilie näher kam, gab mir die Zarin in Gesprächen zu verstehen, dass sie Rasputin kenne. Sie sprach davon, daß es Menschen gibt, deren Gebete aufgrund ihrer asketischen Lebensweise besondere Kraft haben, und erklärte schließlich, daß es in Rußland einen solchen Menschen gebe, nämlich Rasputin, und schlug mir vor, ihn kennenzulernen. [...] Dieser blinde Glaube, den sie und der Herrscher Rasputin entgegenbrachten, erklärt sich mir aus ihrer unendlichen Liebe für den Thronfolger, der an einer Krankheit litt, die bei den Ärzten als unheilbar galt. Wie ein Ertrinkender nach dem Strohhalm greift, so klammerten sie sich an den Glauben, [...] daß die Gebete Rasputins Wunder vollbringen, den kranken Thronfolger heilen und jede Sache heiligen könnten. Schließlich glaubten sie sogar fest, daß Rasputins Leben auf geheimnisvolle Weise mit der Existenz der Monarchie verbunden war. Rasputin selbst (nach Aussagen seiner Tochter) sagte wiederholt in Zarskoje Selo, ‚wenn ich nicht mehr sein werde, wird auch der Hof nicht mehr sein’. Außerdem empfand der Zar Zuneigung für Rasputin, weil dieser es als Angehöriger des einfachen Volkes geschafft hatte, über alle bürokratischen Hürden hinweg bis zu ihm vorzudringen; und die Zarin empfand eine mystische Liebe für ihn, (...) jene Liebe, die mit der vollständigen Unterwerfung des Willens, dem Gefühl von Ruhe und Glückseligkeit in Anwesenheit des geliebten Menschen, ‚unseres Freundes’, wie die Zarin Rasputin in ihren Briefen und Gesprächen mit Nahestehenden und Ministern nannte, verbunden ist. [...]

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Mittwoch, 3. Mai 2006
Geschichte. Deutsche Auswanderer ziehen nach Osten
Deutsche Auswanderer ziehen nach Osten (1816/1817)

In einem Manifest Zar Alexanders I. vom 29. November 1813 wurden deutschen Siedlern folgende Privilegien versprochen:
- Landschenkung
- Zinsloser Kredit
- Steuerfreiheit auf 10 Jahre
- Selbstverwaltung
- Religionsfreiheit
- Freistellung vom Militärdienst

Vertreter des Zaren boten Aussiedlungswilligen diese Privilegien in Württemberg, dem nordostdeutschen Raum (Mecklenburg) und dem Herzogtum Warschau an, wo sich wenige Jahre zuvor deutsche Siedler niedergelassen hatten.
Zar Alexander hatte 1815 mehrere Städte in Südwestdeutschland besucht. Er galt als Napoleons großer Gegenspieler. Vor allem viele Pietisten sahen in ihm den Befreier der Welt von einem mit Gottes Hilfe besiegten Teufel. Tausende von Württembergern waren bereits nach nach Rußland ausgewandert.



Das Angebot in Rußland siedeln zu können, wurde insbesondere von radikalen Pietisten wahr genommen. Der Pietismus spielte in Deutschland, zumal in Süddeutschland (Alt-Württemberg), eine bedeutende Rolle. Er fand bis in die Ukraine Verbreitung. Die radikalen Pietisten waren davon überzeugt, daß das wahre Christentum allein außerhalb der verfaßten Kirche ausgeübt und gelebt werden könne.
1816/17 gabe es eine große Auswanderungswelle aus religiösen Gründen, auch wenn sich gewiß auch viele Nicht-Separatisten dem Zug aus wirtschaftlichen Gründen angeschlossen haben.
Im Siedlungsgebiet, d.h. Rußlands südlichster Provinz Transkaukasien, führten sie wieder die alte Liturgie und das alte Gesangbuch ein. Rußland bot sich an, weil es durch den Sieg über Napoleon und durch die Organisation der „Heiligen Allianz“ eine besondere Rolle in der Welt zu spielen schien.
1816/1817 bildeten sich im Neckar- und Schwarzwaldkreis (Schwaikheim, Marbach, Eßlingen, Nagold-Freudenstadt, Bösingen, Weißach, Oetlingen, Walddorf, Plattenhardt, Pliezhausen, Reutlingen u.a.) sogenannte „Harmonien“. In Berichten wird vermerkt, daß viele Auswanderer meinten, auf ihrer Reise nach Rußland würden Kleider und Schuhe nicht zerreißen. Gott würde Manna regnen lassen und das Schwarze Meer würde sich teilen, wenn keine Schiffe für die Überfahrt da sein würden. Der Text eines Liedes lautet: „Sehr wuchtig, groß, heilig, gesegnet durch Christum ist wirklich des großen Alexanders Verrichtung“.
Viele Siedler starben auf dem Weg in den Kaukasus. Von Alexander erhielten sie Hilfe und Unterstützung. Es kamen etwa 500 Familien in Georgien an. Um Tiflis entstanden zahlreiche deutsche Dörfer.

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Donnerstag, 27. April 2006
August Ludwig (von) Schlözer. 1761
August Ludwig (von) Schlözer wird in St. Petersburg Gehilfe des Historiographen Gerhard Friedrich Müller;
1762 Adjunkt-Professor der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften,
1765 ordentlicher Professor.
1767 Rückkehr nach Göttingen.
Bekannt wurde Schlözer aufgrund seiner maßgeblichen Arbeiten auf dem Gebiet der russischen Geschichte. Viele russische Studenten kamen seinetwegen zum Studium nach Göttingen.

1804 wurde er von Zar Alexander I. nobilitiert.

Vgl. CD-ROM zur Ausstellung „300 Jahre St. Petersburg – Russland und die Göttingische Seele“ in der Paulinerkirche der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, hg. v. Elmar Mittler (Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen)

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Herder über die "slavischen Völker". 1784-91 erscheinen die „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“
Herder betrachtete die Geschichte der Menschheit als große Entwicklungslinie von primitiven Anfängen bis zum Ziel der Humanität. Seine Überlegungen beruhen auf der These, daß in der Geschichte der Menschheit jede Nation eine wichtige und nur allein ihm zugedachte Berufung hat. Im 4. Buch der "Ideen" geht Herder auf die Slawen ein. In ihnen sah er gleichsam die jugendlichen Träger einer zukünftigen Weltkultur, die einst das Ideal höchster Humanität verwirklichen sollten. Herders Gedanken fanden insbesondere bei der slavischen Intelligenz im 19. Jht. große Resonanz.

XVI.4. Slawische Völker
Die slawischen Völker nehmen auf der Erde einen großem Raum ein als in der Geschichte, unter andern Ursachen auch deswegen, weil sie entfernter von den Römern lebten. Wir kennen sie zuerst am Don, späterhin an der Donau, dort unter Goten, hier unter Hunnen und Bulgarn, mit denen sie oft das römische Reich sehr beunruhigten, meistens nur als mitgezogene, helfende oder dienende Völker. Trotz ihrer Taten hie und da waren sie nie ein unternehmendes Kriegs- und Abenteuervolk wie die Deutschen; vielmehr rückten sie diesen stille nach und besetzten ihre leergelassenen Plätze und Länder, bis sie endlich den ungeheuren Strich innehatten, der vom Don zur Elbe, von der Ostsee bis zum Adriatischen Meer reicht. Von Lüneburg an über Mecklenburg, Pommern, Brandenburg, Sachsen, die Lausitz, Böhmen, Mähren, Schlesien, Polen, Rußland erstreckten sich ihre Wohnungen diesseits der karpatischen Gebirge, und jenseit derselben, wo sie frühe schon in der Walachei und Moldau saßen, breiteten sie sich, durch mancherlei Zufälle unterstützt, immer weiter und weiter aus, bis sie der Kaiser Heraklius auch in Dalmatien aufnahm und nach und nach die Königreiche Slawonien, Bosnien, Servien, Dalmatien von ihnen gegründet wurden. In Pannonien wurden sie ebenso zahlreich; von Friaul aus bezogen sie auch die südöstliche Ecke Deutschlands, also daß ihr Gebiet sich mit Steiermark, Kärnten, Krain festschloß: der ungeheuerste Erdstrich, den in Europa eine Nation größtenteils noch jetzt bewohnt. Allenthalben ließen sie sich nieder, um das von andern Völkern verlassene Land zu besitzen, es als Kolonisten, als Hirten oder Ackerleute zu bauen und zu nutzen; mithin war nach allen vorhergegangenen Verheerungen, Durch- und Auszügen ihre geräuschlose, fleißige Gegenwart den Ländern ersprießlich. Sie liebten die Landwirtschaft, einen Vorrat von Herden und Getreide, auch mancherlei häusliche Künste und eröffneten allenthalben mit den Erzeugnissen ihres Landes und Fleißes einen nützlichen Handel. Längs der Ostsee von Lübeck an hatten sie Seestädte erbaut, unter welchen Vineta auf der Insel Rügen das slawische Amsterdam war; so pflogen sie auch mit den Preußen, Kuren und Letten Gemeinschaft, wie die Sprache dieser Völker zeigt. Am Dnepr hatten sie Kiew, am Wolchow Nowgorod gebaut, welche bald blühende Handelsstädte wurden, indem sie das Schwarze Meer mit der Ostsee vereinigten und die Produkte der Morgenwelt dem nörd- und westlichen Europa zuführten. In Deutschland trieben sie den Bergbau, verstanden das Schmelzen und Gießen der Metalle, bereiteten das Salz, verfertigten Leinwand, brauten Met, pflanzten Fruchtbäume und führten nach ihrer Art ein fröhliches, musikalisches Leben. Sie waren mildtätig, bis zur Verschwendung gastfrei, Liebhaber der ländlichen Freiheit, aber unterwürfig und gehorsam, des Raubens und Plünderns Feinde. Alles das half ihnen nicht gegen die Unterdrückung, ja es trug zu derselben bei. Denn da sie sich nie um die Oberherrschaft der Welt bewarben, keine kriegssüchtige erbliche Fürsten unter sich hatten und lieber steuerpflichtig wurden, wenn sie ihr Land nur mit Ruhe bewohnen konnten, so haben sich mehrere Nationen, am meisten aber die vom deutschen Stamme, an ihnen hart versündigt.
Schon unter Karl dem Großen gingen jene Unterdrückungskriege an, die offenbar Handelsvorteile zur Ursache hatten, ob sie gleich die christliche Religion zum Verwände gebrauchten; denn den heldenmäßigen Franken mußte es freilich bequem sein, eine fleißige, den Landbau und Handel treibende Nation als Knechte zu behandeln, statt selbst diese Künste zu lernen und zu treiben. Was die Franken angefangen hatten, vollführten die Sachsen; in ganzen Provinzen wurden die Slawen ausgerottet oder zu Leibeigenen gemacht und ihre Ländereien unter Bischöfe und Edelleute verteilt. Ihren Handel auf der Ostsee zerstörten nordische Germanen; ihr Vineta nahm durch die Dänen ein trauriges Ende, und ihre Reste in Deutschland sind dem ähnlich, was die Spanier aus den Peruanern machten. Ist es ein Wunder, daß nach Jahrhunderten der Unterjochung und der tiefsten Erbitterung dieser Nation gegen ihre christlichen Herren und Räuber ihr weicher Charakter zur arglistigen, grausamen Knechtsträgheit herabgesunken wäre? Und dennoch ist allenthalben, zumal in Ländern, wo sie einiger Freiheit genießen, ihr altes Gepräge noch kennbar. Unglücklich ist das Volk dadurch worden, daß es bei seiner Liebe zur Ruhe und zum häuslichen Fleiß sich keine daurende Kriegsverfassung geben konnte, ob es ihm wohl an Tapferkeit in einem hitzigen Widerstande nicht gefehlt hat. Unglücklich, daß seine Lage unter den Erdvölkern es auf einer Seite den Deutschen so nahe brachte und auf der andern seinen Rücken allen Anfällen östlicher Tataren frei ließ, unter welchen, sogar unter den Mogolen, es viel gelitten, viel geduldet. Das Rad der ändernden Zeit dreht sich indes unaufhaltsam; und da diese Nationen größtenteils den schönsten Erdstrich Europas bewohnen, wenn er ganz bebaut und der Handel daraus eröffnet würde, da es auch wohl nicht anders zu denken ist, als daß in Europa die Gesetzgebung und Politik statt des kriegerischen Geistes immer mehr den stillen Fleiß und das ruhige Verkehr der Völker untereinander befördern müssen und befördern werden, so werdet auch ihr so tief versunkene, einst fleißige und glückliche Völker endlich einmal von eurem langen trägen Schlaf ermuntert, von euren Sklavenketten befreit, eure schönen Gegenden vom Adriatischen Meer bis zum karpatischen Gebirge, vom Don bis zur Mulda als Eigentum nutzen und eure alten Feste des ruhigen Fleißes und Handels auf ihnen feiern dörfen.
Da wir aus mehreren Gegenden schöne und nutzbare Beiträge zur Geschichte dieses Volks haben, so ist zu wünschen, daß auch aus andern ihre Lücken ergänzt, die immer mehr verschwindenden Reste ihrer Gebräuche, Lieder und Sagen gesammelt und endlich eine Geschichte dieses Völkerstammes im ganzen gegeben würde, wie sie das Gemälde der Menschheit fodert.“

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Russische Dynastien
RJURIKIDEN

= Russische Dynastie, auf den Waräger Rjurik zurückgehend. Die Rjurikiden gehörten den Rus an, einer aus Skandinavien stammenden Führungsschicht. Sie hatte sich seit Mitte des 9. Jahrhunderts unter den Ostslawen niedergelassen und das Reich der Kiewer Rus gegründet.
Die Rjurikiden waren bis gegen Ende des 10. Jahrhunderts weitgehend slawisiert. Im Mittelalter stammten fast alle Fürsten und Großfürsten der Kiewer Rus aus diesem Herrschergeschlecht. Fjodor I. war der letzte regierende Zar der Rjurikiden.

Kiewer Reich

862-879 Rjurik
879-912 Oleg
912-945 Igor
945-972 Swjatoslaw
980-1015 Wladimir I. Swjatoslawitsch,
der Heilige
1015-1019 Swjatopolk
1019-1054 Jaroslaw I. Mudry
1054-1073 Isjaslaw I. Jaroslawitsch
1073-1078 Swatoslaw Jaroslawitsch
1078-1093 Wsewolod I. Jaroslawitsch
1093-1113 Swjatopolk Isjaslawitsch
1113-1125 Wladimir II. Monomach
1125-1132 Mstislaw I. Wladimirowitsch
1132-1139 Jaropolk Wladimirowitsch
1139-1146 Wsewolod II. Olgowitsch
1146-1154 Isjaslaw II. Mstislawitsch
1149-1157 Jurij Wladimirowitsch
1159-1167 Rostislaw Mstislawitsch

Großfürsten von Wladimir

1157-1175 Andrej Bogoljubskij
1172-1212 Wsewolod III. Jurjewitsch
1212-1238 Jurij II. Wsewolodowitsch
1238-1246 Jaroslaw II. Wsewolodowitsch
1246-1248 Swjatoslaw Wsewolodowitsch
1248-1252 Andrej Jaroslawitsch
1252-1263 Alexander Newskij
1263-1272 Jaroslaw Jaroslawitsch
1272-1276 Wassilij Jaroslawitsch
1277-1293 Dmitrij Alexandrowitsch
1293-1304 Andrej Alexandrowitsch
1304-1318 Michail Jaroslawitsch
1319-1322 Jurij Danilowitsch
1322-1325 Dmitrij Michailowitsch
1326-1327 Alexander Michailowitsch

Großfürsten v. Wladimir-Moskau

1328-1341 Iwan I. Danilowitsch
1341-1353 Simeon Iwanowitsch
1353-1359 Iwan II. Iwanowitsch
1359-1389 Dmitrij Iwanowitsch Donskoj
1389-1425 Wassilij I. Dmitrijewitsch

Großfürsten von Moskau

1425-1462 Wassilij II. Wassiljewitsch
1462-1505 Iwan III. Wassiljewitsch, der Große
1505-1533 Wassilij III. Iwanowitsch

Zaren von Russland

1533-1584 Iwan IV. Wassiljewitsch,
der Schreckliche
1584-1598 Fjodor I. Iwanowitsch

Zeit der Wirren

1598-1605 Boris Fjodorowitsch Godunow
(Seit 1584)
1605-1606 Pseudodemetrius
1606-1610 Wassilij IV. Iwanowitsch Schujskij
1610-1613 Interregnum

ROMANOW

1613-1645 Michail Fjodorowitsch
1645-1676 Aleksej Michajlowitsch
1676-1682 Fjodor III. Aleksejewitsch
1682-1696 Iwan V. Aleksejewitsch
1689-1725 Peter I. Aleksejewitsch, der Große
1725-1727 Katharina I.
1727-1730 Peter II. Aleksejewitsch
1730-1740 Anna Iwanowna
1740-1741 Ivan VI. Antonowitsch
1741-1762 Elisabeth Petrowna
1762 Peter III. Fjodorowitsch
1762-1796 Katharina II. Aleksejewna, die Große
1796-1801 Paul I. Petrowitsch
1801-1825 Alexander I. Pawlowitsch
1825-1855 Nikolaus I. Pawlowitsch
1855-1881 Alexander II. Nikolajewitsch
1881-1894 Alexander III. Alexandrowitsch
1894-1917 Nikolaus II. Alexandrowitsch

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Rußland und Karlsruhe
Seit Ende des 18. Jahrhunderts bestanden zwischen den Herrscherfamilien des großherzoglichen Badens und denen Rußlands enge Beziehungen.
In Baden-Baden und Karlsruhe wurden russische Kirchen errichtet. Der russische Gesandte in Karlsruhe, Fürst Nikolaj Stolypin, und die ständig in Baden-Baden lebende Fürstin Jelena Trubeckaja regten den Bau einer Kirche in Baden-Baden an.

Im Jahre 1793 heiratete der russische Thronfolger Alexander Pawlowitsch die badische Prinzessin Luise. Sie nahm nach dem Übertritt zur Russisch-Orthodoxen Kirche den Namen Elisabeth Alexejewna an.
Ihr Mann trat 1801 als Zar Alexander I. die Nachfolge (des ermordeten Zaren) Pauls I. an.
Er regierte bis 1825.

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Herkunft der Russen
Es gibt nur geringe Informationen über eine nationalstaatliche Organisationsform der russischen bzw. östlichen Slawen vom 7., wenn nicht sogar schon vom 5. Jahrhundert an („Anten-Staat“). Über das Leben und die Kultur der heidnischen Russen ist wenig bekannt.

Als historisches Volk erscheinen die Slawen anfangs unter den Bezeichnungen Sporen und Veneter. Unter diesen Namen waren sie bis ins 5. Jahrhundert zwischen Ostsee und Schwarzem Meer, zwischen Karpaten und dem Don, an der oberen Wolga bis nach Nowgorod heimisch, von dort bis zur Scheide der Weichsel und der Oder.

Etwa im 6. Jahrhundert treten die Namen Anten (= Ostslawen) und Slovieni (= manche Westslawen) auf. Aus der Bezeichnung Veneter wurde Wenden, dies ist die Bezeichnung der Slawen bei den Deutschen (heutige Sorben).
Die Bezeichnung Slawen ist seit dem frühen Mittelalter üblich. Der Chronist Adam von Bremen bezeichnet sie in seiner Chronik des Erzbistums Hamburg als Sclavi.

Über die Slawen berichten erstmals byzantinische Chronisten wie Prokopios von Caesarea, Jordanes und Theophylaktos Simokates. Sie zählen Veneter, Sklavinen und Anten auf, die, aus den Gebieten zwischen Karpaten, unterer Donau und Schwarzem Meer kommend, raubend in das Byzantinische Reich und seine Randgebiete einfielen.

Erst mit der Christianisierung setzt Rußlands Kulturgeschichte (988/989) ein. Über sieben Jahrhunderte hinweg wurde die byzantinische Kultur prägend.

Wenn hinsichtlich Rußlands vom Mittelalter geredet wird, so meint dies eine grundlegend andere Zeitspanne als in Westeuropa.

Das russische Mittelalter setzt später als im Westen ein. Als Rom zerbrach, befanden sich viele Stämme im Gebiet des jetzigen Rußlands noch in vorgeschichtlicher Zeit.
Es dauerte rund vier Jahrhunderte (bis zum 9. Jahrhundert), bis erste deutliche Hinweise auf eine dauerhaft begründete Regierungsform (Novgorod, Kiev) bemerkbar wurden.
Das Ende des russischen Mittelalters ist offen. Die traditionelle Forschung setzt es ins Ende des 17. bzw. frühen 18. Jahrhunderts (mit Peter dem Großen, 1672-1725), bedingt durch den von Peter I. bewirkten Säkularisierungs- und ‚Modernisierungsschub’. (Siehe "Europäisierung Rußlands") Andere sehen in der Mitte des 16. Jahrhunderts das Ende des Mittelalters, dem im 17. Jahrhundert der Barock folgt.

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