Freitag, 28. April 2006
Literatur. Erzählung von der Zerstörung Rjasans durch Batu (Povest' o razorenii Rjazani Batyern)
Die Erzählung von der Zerstörung Rjasans durch Batu (Povest' o razorenii Rjazani Batyern)
Dieser Kriegserzählung liegen epische Berichte aus der Volksdichtung zugrunde. Besonders in der Kolowrat-Episode erinnert die Erzählweise an die epische Volksdichtung.

Historischer Hintergrund der Erzählung ist der Einfall der Tataren in das Russische Land vom Jahr 1237. Rjasan wird in der zweiten Dezemberhälfte erobert, geplündert und zerstört.

Die älteste erhaltene Hs stammt aus dem 16. Jht.

1237 dringt ein Tatarenheer unter Chan Batu in das Russische Land ein und fordert von den Rjasanern den Zehnten als Abgabe. Erfolglos bemühen sich die Fürsten mit Geschenken, Batu von einem Feldzug gegen ihren Teilstaat abzuhalten. Batu verlangt sogar Frauen aus dem Rjasaner Fürstengeschlecht für sein Lager, vor allem die schöne Jewpraxija. Als ihr Gatte dies ablehnt, läßt Batu ihn und die anderen fürstlichen Gesandten erschlagen. Jewpraxija erhält die Todesnachricht und stürzt sich mit ihrem kleinen Sohn aus ihrem hohen Palast. Der Versuch eines Rjasaner Heeres, in erbitterten Kämpfen die Tataren zurückzuschlagen, scheitert. Die Angreifer dringen in die Stadt ein, töten alle Einwohner, plündern und brandschatzen Rjasan.
Als der Held Jewpati Kolowrat von den Greueltaten erfährt, sammelt er eine kleine Drushina und zieht gegen Batu. Er fällt überraschend über dessen Armee her und bringt ihr große Verluste bei. Anstelle der im Kampf stumpf gewordenen eigenen Schwerter ergreifen Jewpatis Krieger die ihrer Feinde. Jewpati selbst erschlägt im Zweikampf vor den Augen Batus einen seiner Verwandten. Nur mit großen Anstrengungen gelingt es zuletzt den Tataren, Jewpati zu töten und seine dezimierte Drushina zu bezwingen. Voller Achtung gegenüber einem solch tapferen Gegner verneigen sich Batu und seine Heerführer vor dem toten Recken und schenken seinen überlebenden Kriegern die Freiheit.
Fürst Ingwar Igorewitsch, der an den Kämpfen nicht beteiligt war, zieht durch das verwüstete Rjasaner Land und sieht die zahllosen noch unbestatteten Erschlagenen. Laut schreiend beklagt er den Tod seiner Angehörigen und der vielen Rjasaner Frauen und Männer, Kinder und Greise. Er läßt die Toten zusammentragen und begraben. Für seine Brüder spricht er eine ergreifende Totenklage. Schließlich sammelt er die Überlebenden und beginnt sofort mit dem Wiederaufbau des Landes.
Das alle Teile verbindende Leitmotiv der Erzählung ist der „Todeskelch“, den zu leeren den Russen bestimmt ist.


G. Sturm, „Die Erzählung von der Zerstörung Rjasans durch Batu“, in: O Bojan, du Nachtigall der alten Zeit. Sieben Jahrhunderte altrussischer Literatur, Berlin 1965, S. 187-199.

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