Mittwoch, 26. April 2006
Literatur. Nikolai Leskov (1831-1895)
Leskov kam 1860 als Journalist nach St. Petersburg, wo er seine schriftstellerische Tätigkeit begann. Wegen eines mißverstandenen Zeitungsartikels, in dem er sich zu den häufigen Brandstiftungen in St. Petersburg äußerte, war er 1862 scharfen Angriffen ausgesetzt und als Reaktionär bezeichnet worden.



1874 wurde er im Kultusministerium angestellt, doch 1883 wegen kritischer Auslassungen über Kirche und Staat entlassen. Er wandte sich nunmehr ganz der Schriftstellerei zu.
Leskov war ein aufmerksamer Beobachter der russischen Gesellschaft.
In seinen Erzählungen stehen Milieu und die Probleme der unteren Schichten im Vordergrund. Ein spezifische Vorliebe galt der kleinstädtischen Geistlichkeit. In seiner Romanchronik Soborjane von 1872 werden erstmals in der russischen Literatur Geistliche als Hauptfiguren konzipiert.
Stand Leskov der russischen Orthodoxie zunächst offen gegenüber, wandelte sich in den 80er Jahren unter dem Einfluß L.N. Tolstojs diese Haltung grundlegend. Er empfand an der Institution Kirche insbesondere einen Mangel an Nächstenliebe und Toleranz, ebenso beklagte er den Niedergang moralischer Normen. In seinen Erzählungen treten nunmehr Figuren in den Vordergrund, die mit moralischer Vorbildlichkeit ausgestattet sind. Die Hauptfiguren handeln moralisch mustergültig.
Leskov vertritt einen christlichen Standpunkt, der freilich rein ethisch und interkonfessionell ist.

Leskovs Dichtung zeichnet sich durch eine stark umgangssprachlich und mundartlich gefärbte Sprache und durch mündlichen Erzählstil (skaz) aus. So gibt er ein vorzügliches Panorama der Lebenshaltungen einfacher Menschen. In formaler Hinsicht benutzt Leskov die Darstellung in Chronikform, die sich oft zur historischen oder biographischen Erzählung wandelt.

Das Spätwerk zeichnet sich vor allem durch Satiren und Erzählungen aus, die er selbst als Legenden charakterisierte. Er bediente sich dabei Sammlungen altrussischer Heiligenleben.

In Leskovs Werk spielen die kleineren Formen (etwa die Anekdote) eine herausragende Rolle.
Sein Schaffen wurde zu seinen Lebzeiten nur von wenigen wahrgenommen (darunter Tolstoj und Dostoevskij).
In Deutschland, England und Frankreich wurde Leskov erst in den 20ern Jahren übersetzt. Leskov gilt heute als einer der Hauptvertreter des russischen Realismus.

Werke:
Liebe in Bastschuhen, 1863 -
Der Schafochs, 1863 -
Die Lady Macbeth von Mzensk, 1865 (Vorlage für die gleichnamige Oper von Schostakowitsch) -
Die Kampfnatur, 1866 -
Die Klerisei, 1872 -
Der versiegelte Engel und andere Geschichten, 1873 - Der verzauberte Pilger, 1873 -
Pawlin, 1874 -
Am Ende der Welt, 1875 -
Der ungetaufte Pope, 1877 -
Eine Teufelsaustreibung und andere Geschichten 1879
Das Kadettenkloster, 1880 -
Der stählerne Floh, 1881 -
Der Toupetkünstler, 1883 -
Der Mensch im Schilderhaus, 1887 -
Der Gaukler Pamphalon, 1887 -
Die schöne Asa, 1888 -
Figura, 1889 -
Der Berg, 1890 -
Das Tränental. Eine Rhapsodie, 1892

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