Mittwoch, 26. April 2006
Literatur. Nikolai Gogol (1809-1852)
(20.3./1.4.) Nikolai Gogol geboren (gest. 1852)

1828: Sankt Petersburg. Sein Plan, dort eine Professur zu erhalten, scheitert.
Anstellung im Staatsdienst. Bekanntschaft mit Alexander Puschkin.
Erste literarische Betätigung mit dem anonymen Szenenidyll Ganc Kju-chel’garten (1829, Hans Küchelgarten). Die Besprechungen sind verheerend.
Mit großer Begeisterung wurde Gogols Erzählband Vecera na chutore bliz Dikan’ki (1831/32; Abende auf dem Vorwerk bei Dikanka) bedacht. Er schildert darin das Leben ukrainischer Bauern. Das Dämonische, typisch für das spätere Werk, wird hier schon bemerkbar.
1835: Mirgorod, eine Sammlung von Dorfgeschichten, wurde ebenfalls äußerst positiv aufgenommen (v.a. die historische Novelle Taras Bul’ba, die von den Auseinandersetzungen von Kosaken und Polen im 16. und 17. Jahrhundert handelt).
Taras Bul’ba enthält bereits wichtige Momente von Gogols Petersburger Novellen. Sie haben die Großstadt zum Thema und ziehen das Leben des russischen Bürgertums (Flaneure, Beamte, Außenseiter etc.) ins Lächerliche: Portret (Das Porträt), Nevskij Prospekt (Der Newski Prospekt), Zapiski sumasšedšego (Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen) und Nos (Die Nase). Vor allem Die Nase besticht durch ihre Phantastik.
1836: Das Drama Revizor (Der Revisor) erscheint. Es wurde ein Publikumserfolg.
1836 bis 1848: Aufenthalt zumeist in Rom. Arbeit an seinem einzigen Roman Mertvye duši (1842; Die toten Seelen).
1842: Gogols Erzählung Šinel (Der Mantel) erscheint.
Vierziger Jahre: Schöpferische Krise.
1843: Pilgerreise nach Jerusalem. Der Einfluß eines fanatischen Priesters auf der Rückkehr nach Rußland bewog Gogol 1845, Teile von Die toten Seelen zu zerstören (ein Fragment erschien 1855).
1847: Predigtartiges Lehrstück Vybrannye mesta iz perepiski s druz jami (Ausgewählte Stellen aus dem Briefwechsel mit Freunden). Es sieht das Zarentum, die Leibeigenschaft, die orthodoxe Kirche als gottgewollt und gottgegeben an.
Vor seinem Tod nahm Gogol einige seiner reaktionären Einstellungen zurück. Er starb am 4. März 1852 in Moskau.

„Von Gogol an ist die russische Literatur modern; es ist mit ihm alles auf einmal da, was seither so dichte Überlieferung in ihrer Geschichte geblieben ist: statt der Poesie der Kritizismus, statt der Naivität die religiöse Problematik und statt der Heiterkeit die Komik, Namentlich diese. Seit Gogol ist die russische Literatur komisch – komisch aus Realismus, aus Leid und Mitleid, aus tiefster Menschlichkeit, aus satirischer Verzweiflung und auch aus einfacher Lebensfrische; aber das Gogolische komische Element fehlt nirgends und in keinem Fall.“

Th. Mann (1921), in: Gesammelte Werke, Bd 10, Frankfurt a.M. 1974, S. 594

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