Mittwoch, 26. April 2006
Theologie: 1681. Feofán Prokopóvič geboren (gest. 1736)
Feofan Prokopovič war einer der bedeutendsten russischen Denker und Kirchenpolitiker des 18. Jahrhunderts.

Seine Vorstellungen wurden maßgeblich durch die humanistischen Ideen des Erasmus von Rotterdam beeinflußt. Seine theologische Lehre stellt eine einmalige Erscheinung in der Geschichte der Orthodoxen Kirche dar und besaß eine kaum zu überschätzende Ausstrahlungskraft.

Als kirchlicher Denker stand Feofan unter dem Einfluß der protestantischen Theologie. Es verwundert darum nicht, daß seine theologischen Schriften im 18. Jahrhundert in Königsberg und Leipzig veröffentlicht wurden.

Feofan durchlief die Kiever Mohyla-Akademie, setzte seine Ausbildung in Rom fort. Dort hatte er Gelegenheit, verschiedene Bibliotheken, vor allem die Vaticana, zu besuchen. In Rom studierte er Rhetorik, Dichtkunst, Philosophie und römische Altertümer. Damals entstanden seine Vorliebe für das klassische Latein und die humanistischen Schriften. Eine Vorstellung von den Ideen und literarischen Interessen Prokopovičs gibt seine berühmte Bibliothek. Sie hat wie kaum eine andere zur Verbreitung der Aufklärung in Rußland beigetragen. Sie war die im 18. Jahrhundert in Rußland bedeutendste Bibliothek mit der größten Erasmus-Sammlung. Sie bestand aus meist in Deutschland gedruckten Büchern des 15. bis 18. Jahrhunderts, von denen viele deutsche Vorbesitzer hatten.

Ein Hirte weint in langer Schlechtwetterzeit
Wann werde ich endlich wieder fröhliche Schönwetterzeit erleben / und schöne Tage, / wann wird die verschwenderische Güte / eines klaren Himmels wieder erscheinen?
Von keiner Seite her ist Licht zu sehen - / immer nur Schlechtwetter, / und auch keine Hoffnung. / Oh, unglückselig / ist mein Geschick.
Wenn es [das Geschick] auch ein wenig Tröstung zeigt / und lockend verheißt, / der Herde ein wenig Erleichterung zu verschaffen, / so trügt es dann doch.
Ich zittere unter einer Eiche; und in schrecklichem Hunger / nehmen die Schafe ab, / und von der feuchten Kälte / schwinden sie schon ganz dahin.
Der fünfte Tag ist schon vergangen, und die Wasser des Regens / hören nicht auf. / Und auch das Geschrei des Weinens / und der Kummer haben kein Ende.
Eile, Gott, uns zu befreien / von der Traurigkeit, / unsere Ahnen haben uns gelehrt, / zu dir zu rufen.

Aus:
Russische Lyrik. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Russ.-Dt., hg. v. K. Borowsky u. L. Müller, 5., erw. Aufl. Stuttgart 1998, S. 72 f.

Vgl.a. http://www.daad.ru/wort/Grigor'eva.pdf

- Hans-Joachim Härtel, Byzantinisches Erbe und Orthodoxie bei Feofan Prokopovic 1970
- Robert Stupperich, Peter der Große und die Russische Kirche, (2004)

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