Mittwoch, 26. April 2006
Nach 1510: Filofejs (von Pskov) Theorie von „Moskau dem Dritten Rom“ (tretij Rim)
Diese Theorie wurde erstmals vom Mönch Filofei von Pskov in seinem Sendschreiben an den Moskauer Beamten Michail Misjur’ Munechin ca. 1510. Bekannt wurden vor allem diese Sätze:

„Alle christlichen Zartümer haben sich ihrem Ende zugeneigt und sind gemäß den prophetischen Büchern eingegangen in das eine Zartum unseres Herrschers, das heißt ins russische Zartum. Denn zwei Rome sind gefallen, und das dritte steht. Ein viertes aber wird es nicht geben. ...“

Der Text bezieht sich auf den Propheten Daniel und die Offenbarung des Johannes, hat demnach einen stark apokalyptischen Charakter. Filofej von Pskov will dazu ermahnen, daß es nach der osmanischen Eroberung Konstantinopels nurmehr ein einziges christliches Reich, das moskowitische, gebe. Alle anderen seien entsprechend den biblischen Weissagungen untergegangen.

„Siehst du, Gotterwählter, dass alle christlichen Reiche ersäuft wurden von den Ungläubigen? Allein das Zartum unseres einzigen Herrschers steht durch die Gnade Christi. Dieses muss der Herrscher in großer Hut und Hinwendung zu Gott halten, ohne auf Gold und vergänglichen Reichtum seine Hoffnung zu setzen, sondern auf den alles gebenden Gott muss er hoffen.“

Das Ende der Welt stehe bevor. Daher muß sich das letzte christliche Reich ganz Gott zuwenden. Der Zar trage eine große Verantwortung dafür, daß dies geschehe.

In dem Roman „Das Kassandramal“ von Tschingis Aitmatow findet sich eine Anspielung auf den Mönch Filofej. Als eine Art kosmischer Mönch sendet er hier aus dem All Botschaften an die Menschheit. Das Sendungsbewußtsein ähnelt dem des wirklichen Filofej, bei dem es allerdings eher politisch geprägt war.
1869 deutete Vladimir Ikonnikov die Lehre vom Dritten Rom im Sinne einer politisch-imperialen Doktrin. Nach ihr sei Rußland Retter der Welt.
In den 70er und 80er Jahren des 19. Jh.s traf die Lehre im Zusammenhang der russisch-osmanischen Auseinandersetzungen auch bei Panslawisten auf großes Interesse. Sie drücke Rußlands politisch-historische Berufung aus, die unterdrückten orthodoxen Südslawen zu befreien.
Vladimir Solov’ev (1853–1900) verknüpfte mit dem Dritten Rom die Vorstellung, Rußland sei aufgrund eigener Selbstlosigkeit vorgesehen, Osten und Westen zu einigen und zu einer universalen Einheit zusammenzuführen.
Nach der Revolution von 1905 trat der Aspekt des „russischen Messianismus“ in den Vordergrund, so bei Nikolaj Berdjaev (1874-1948) und Ivan Kirillov.
Selbst die Oktoberrevolution von 1917 wurde in diesem Sinne verstanden.
1931 bemerkte Berdjaev, anstelle von Filofejs Drittem Rom bekomme man nun Lenins ‚Dritte Internationale’.
In der sowjetrussisch-nationalpatriotischen Atmosphäre der Stalinzeit wurde der Lehre vom Dritten Rom die historische Leistung zugeschrieben, die Bildung eines „zentralisierten Moskauer Staates“ gefördert und damit die Abwehr imperialistischer Eroberer ermöglicht zu haben.

Vgl.a.

http://www.uni-muenster.de/Geschichte/hist-sem/OE-G/Osteuropastudien/aufsaetze/filofej_1-1970.pdf

Lit.:
Tschingis Aitmatow: Das Kassandramal. Zürich, 2004.
Frank Kämpfer: Autor und Entstehungszeit der Lehre „Moskau das Dritte Rom“,
Herbert Leiner: ...und das dritte Rom wird Moskau sein. Anspruch und Wirklichkeit des russischen Imperiums von Iwan dem Schrecklichen bis zur Gegenwart. Bonn, 1981.
Hildegard Schaeder: Moskau das dritte Rom. Studien zur Geschichte der politischen Theorien in der slawischen Welt. Darmstadt, 1957.
Wolfram von Scheliha: Drittes Rom,

http://www2.uni-klu.ac.at /eeo / index. Php /Drittes_Rom.

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